O Seele, die du dich nach Christo pflegst zu nennen,
Komm, tritt mit mir im Geist zu diesem Spiegel hin,
Und sieh, ob du dich selbst in diesem Bild kannst kennen,
Das an der ersten Schaar dir vorstellt Christi Sinn.
Schau, wie die Glieder sich an ihrem Haupt erzeigen:
Wie glänzt zu Gottes Preis des Glaubens Kostbarkeit,
Der auch dem reinsten Gold im Feuer nicht konnt weichen.
Wie war der Liebe Bund so voller Fried und Freude,
Der tief ins Herze drang. Der Demuth sanftes Wesen
Besiegte die Vernunft. Der Hoffnung starke Kraft
Blieb, trotz den Feinden! stehn: Du wirst von ihnen lesen,
Was sie vor Süßigkeit und Leben hat geschafft.
Wie folgten sie dem Lamm nicht in Geduld zu leiden:
Wie drungen sie zu Gott durch Leben, Tod und Schmach:
Denn die Verleugnung macht sie sich von allen scheiden
Wie er zuvor gethan, so thaten sie ihm nach.
So war ein Christ gebildt nach Christi Wort und Leben,
Das ihm zu seinem Preis so wohlgefällig war.
Einmüthig war ihr Herz zu einem Dienst verbunden,
Einstimmig ist ihr Mund zum Lob in Ewigkeit:
Ihr Leben war aus GOTT, das sie in JESU funden,
Ihr Sterben führte sie zu seiner Herrlichkeit.
Ein solcher Haufe lebt‘ damals von Christi Zeugen,
Als Christi That, und nicht der Name, war gemein:
Bis daß die Kraft selbst mußt dem Christennamen weichen,
Und kein recht Christilich Bild fast mehr konnt übrig sein.
Drum, Seele, soll in dir der Herr Gestalt gewinnen,
So bitte, daß sein Geist dir tiefes Bild einpräg,
Und seine Klarheit sich recht spiegle in den Sinnen,
Die Christus selbst regiert auf jenen schmalen Weg,
Dahin er dich beruft. Wirst du getrost nachgehen,
Verlassen, was du hast, und Christum fassen rein:
So wirst du Finsterniß vom Licht geschieden sehen.
Dir soll nach diesem Bild das Wesen eigen seyn.